Bütower Schmunzelecke - Heitere Geschichten aus dem Kreis Bütow, gesammelt von Ernst von Domarus


aus Kathkow

Der Nachtwächter von Kathkow

Dat is nu all lang häe, as min Voder mi disse Geschicht vertlilt hädt. Aberst immer, wenn de Winter kemmt, dann mutt ick dijje Stremel mine Kinger nochmols spinne. Na, unn so wir dat dann:

Also - inne achziger Joare dor wir in Kotkow (Kathkow) bi Bito (Bütow) - de oll Nachtwächter Kowalke de Mann, dei för de "nächtliche Sicherheit und Ruhe" vonne Buern un Bürjer to sorgen hadd. Kowalke was en ohlen kolbarg-schen Grennedier wäst unn hadd allens, man blots keene Angst nich. Wo dat nu so uppm Dörp is: dat givvt dor immer Lüd', de lätt dat nich rauhn, wenn allens sin orntlichen Gang häd. So bläv dat denn nich ut, dat uck in Kotkow dä oll Kowalk schull up de Prow' schull stellt warn vonwejen sin "Rentlichkeit". De Anstifter dorvon, dat was min Unkel Otto, de "Wotermus" heit he inne Familj. Een krillen Kirl, to alle Fisematente to bruke. Sin Assestent, dat was min Voder, dat "Fritzke".

"Fritzke", säd de Wotermus - "hüt nacht dor welle wi beids mol demm olle Kowalke dat Grugele bibringe! Kick eis, ick hebb son ollet Uhrwark met de lange Käd funge. Wenn ick doran treck, dann rätert dat so dull. Dat mook ick. Un du, du nimmst een wittet Beddloke, hingst di dat um un wennt so wid is, dann mußt de mang de Gräwers upp'm Karkhoff rümmerspringe"! Sowid was allens klor. Nu mutt ick noch segge, dat in Kotkow de Karkhoff am Dörpenn lag, dor - wo de Dörpstroot sich tweigt, de ein Wegg no Moddrow, de anner no Barnow.

Dat was nu Nacht, Kowalk pipt ungen im Dörp. Kowalk pipt midden im Dörp. Kowalk kümmt ann't böwwerschte Dörp' - enn - pipt am Karkhoff. Kowalk blifft stöhn. Wat is nu dat? Dor rätert unn knätert wat - hürt up - unn denn wedder - dat rätert unn knätert immer in einem tau. Un wat nu? Dat spaukt dor doch? Springelt un hampelt dor nich ne witte grugliche Dodegestalt mang de Gräwer rümmer?

Kowalk, nimm di in acht! Dor is nich richtij. Nochmal pipt Kowalk. He kickt na alle Side. Unn wedder rätert un knätert dat vunne Boom am Karkhoff un de witte Spauk danzt dor rümmer as dull un verrückt twischen de Gräwers. Aberst - Kowalk is jo een pommerschen Grennedier. Utriten -? Jo, gifft denn dat?

Kowalk nimmt sin Latern hoch, fätt sin Eikenknüppel fast unn ludhalst röppt he: "All de jute Jeister lobe Gott de Härre"! Un denn - so as dunnemals bi Spichern - rann an Feind, rupp up de Karkhoff, Oogen tau mookt unn met de Eik dortwischen geflammt - dat wir allens eins. De witte Geist bekamm dat Huulen un blooge, greine un gäle Fleckens. Otto aberstens, de Wotermus, was husch-husch vom Boom un af na Huus.

In Kotkow up demm Karkhoff hätt dat tidläwens nich mehr späukt. Doch Wotermus un Fritze hebbe de Geschieht irst na veele Jöare verteilt. Äff dat woll noch Lud' ut Kathkow gifft; de se kenne?

Ernst von Domarus

Erschienen im Pommernbrief Nr. ?

Für Leser, die mit dem hinterpommerschen Platt weniger oder garnicht vertraut sind, folgt nachstehend die Übertragung in's Hochdeutsche.

Der Nachtwächter von Kathkow (hochdeutsch).

Es ist nun schon lange her, als mein Vater mir diese Geschichte erzählt hat. Aber immer wenn der Winter kommt, muß ich diesen Stremel meinen Kindern nochmals erzählen. Na, und so war es denn: Also - in den achtziger Jahren war in Kathkow bei Bütow der alte Nachtwächter Kowalke der Mann, der für die "nächtliche Sicherheit und Ruhe" der Bauern und Bürger zu sorgen hatte. Kowalke war alter Kolberger Grenadier gewesen und hatte alles, aber bloß keine Angst. Wie das nun so auf dem Dorf ist, es gibt dort immer Leute, die läßt es nicht ruhen, wenn alles seinen ordentlichen Gang geht. So blieb es denn nicht aus, daß auch in Kathkow der alte Kowalke auf die Probe gestellt werden sollte von wegen seiner "Rentlichkeit". Der Anstifter davon war mein Onkel Otto, die "Wotermus" (Wassermaus) hieß er in der Familie, ein Mordskerl, zu allen Fisematenten zu gebrauchen. Sein Assistent war mein Vater, das "Fritzke" (Fritz).

Fritzke, sagte die "Wotermus", heute nacht wollen wir beide mal dem ollen Kowalk das Gruseln beibringen. Kick mal, ich habe son altes Uhrwerk mit ner langen Kette gefunden. Wenn ich daran ziehe, rattert das so doll. Das mache ich. Und du, du nimmst ein weißes Bettlaken, hängst es dir um und wenn es soweit ist, dann mußt du zwischen den Gräbern auf dem Kirchhof herumspringen! Soweit war alles klar. Nun muß ich noch sagen, daß in Kathkow der Kirchhof am Dorfende lag, dort wo die Dorfstraße sich gabelt, der eine Weg nach Moddrow, der andere nach Barnow

Es war nun Nacht, Kowalke pfeift unten im Dorf, pfeift mitten im Dorf, Kowalke kommt ans oberste Dorfende - pfeift am Kirchhof. Kowalke bleibt stehn. Was ist das nun? Da rattert und knattert was - hört auf - und dann wieder - das rattert und knattert in einem fort. Und was nun ? Es spukt da doch ? Springt und humpelt da nicht eine weiße gruselige Totengestalt zwischen den Gräbern herum?

Kowalke, nimm dich in acht. Da ist es nicht richtig. Nochmal pfeift Kowalke. Er sieht sich nach allen Seiten um. Und wieder rattert und knattert es von den Bäumen am Kirchhof und das weiße Gespenst tanzt da herum wie toll und verrückt zwischen den Gräbern. Aber - Kowalke ist ja ein pommerscher Grenadier. Ausreißen - ? Ja? gibt es denn das?

Kowalke nimmt seine Laterne hoch, faßt seinen Eichenknüppel fest an und ruft lauthals "Alle guten Geister loben Gott den Herrn"! Und denn - so wie damals bei Spichern - ran an den Feind, rauf auf den Kirchhof, Augen zugemacht und mit dem Eichenknüppel dazwischen geflammt - das war alles eins. Der weiße Geist bekam das Heulen und blaue, grüne und gelbe Flecke. Otto aber, die "Wotermus" war husch-husch vom Baum und ab nach Hause.

In Kathkow auf dein. Kirchhof hat es zeitlebens nicht mehr gespukt. Doch Wotermus und Fritzke haben die Geschichte erst nach vielen Jahren erzählt.

Ob es wohl noch Leute aus Kathkow gibt, die sie kennen ?

Ernst von Domarus.

 

Ziehbrunnen

Ziehbrunnen und Backtrog, zwei für die versteckten Grenzdörfer des Kreises Bütow charakteristische Motive.


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