Bütower Schmunzelecke - Heitere Geschichten aus dem Kreis Bütow, gesammelt von Ernst von Domarus


auf der Eisenbahn Bütow-Schlawe

De Unnerhollung (Die Unterhaltung)

Ni wohl, leiwe Landslüd, väl von juch kenne gewiß de Isebohnstreck twischen Schlooch (Schlawe) un Bito (Bütow), dat is jenne kiele Stadt inne butensche Eck von unsem scheene Pommern (de Minsche segge daor "Hiiner" tau de Hühner un ne Nachtegall gaff dat daor, de hörd de halwe Tid naor Rummelsburg). Na also vunn dichene "rasante" Streck mutt ick juch wat vertelle, daormat dat nich vargäte ward.

Villicht weit ji noch, wenn morjens um Auhre sess da Bimmelbahnke (nich de "Laura", dat was jo de "Triebwaoge", de immer so juche däd) - ick mein de Dampfbohnruppfohrt no Damerkow, daor mußd de Lokomotiv schnuwe: Dammer-kow, Damer-kow. In Borntuche daor gaff se all soar betzke an: Born-tuchen, Born-tuchen. Von Barnow bit Kautschkelo (Altkolziglow) daor gaff de Maschin dat Letzte her: Kautsch-ke-looo, Kautsch-ke-looo. Ober dünn wier't jeschafft (dat jung so uck upp de Hauptstreck tao): Sellin-Gumenz-Bartin! (denkt ji woll noch dran, leiwe Landslüd?).

Dat was unse Bohn: Bito-Schlooch oder uck Stolp. Dorbi brukt se vöör de rund fiftich Kilometer gaud un girn dreiunnehalwe Stunn. Oberst dorvun wull ick jao gornich vertälle, man ihr dorvun, dat upp dichne Streck woll immer de lebhaftste Unnerhollung von de "redselige" Buern dräwe wurd. Un dat was so: De Buern ut Damerkow, Borntuche und wat weit ick woher noch, verköffte giirn ehr Schwin' in Stolp upp dat Marcht. Morjens wiern se hinfohrt, hadde dat Gild' för de Schwin insträeke unn nohmiddags so bi halw drei jung dat nu wärre no Huus. So säte se denn all, de Voss und Kloss, de Piochs und Matticks, de Jaffkes un Gauls inne veirde Klass, verstoppte ähren Kläterkroom unn verschnuuwte sich irstemol bet Zollbrück.

Villicht, dat Pijochens Korl, wat de "redselichste" von alle wier, dacht, ma mott wat für de Unnerhollung daun. Also ma rut met de Schnuuwtobacksdoos ("made in Kathkow" ut dem eine Hurn vun de Schwartbunte). Nu ne recht deipe Kuuhl im underschte linke Dumegelenk mookt, ne gaude Portzjon Kachlinski (Dat viertel Pund to fäwetwintig Penning) rup und denn man andächtich unner de Näs verräwe. Jao, dat was noch en Jenuß!

Na, ma wier jo gaud Frünnd met alle andere un "sozial" was ma uck, so jing denn de Schnuuwdoos rimmer im "Kupeh", dat was ne richdiche "heilige Handlung" sotauseggen. Dormit wier dat Iis brooke, de "Unnerhollung" was im vulle Schwung. De Tobbacksdoos wier nu rimmer, ma wier in Kautschkelow. Daor fraug Korl Pijoch sine Nohber (Nachbar): Wo biste wäsd? (Vor twei Stunn hadde se beids im Kraug in Stolp noch tausame sähte) - De Toch (Zug) rätert wiider. "Borntuchen" räp de Schaffner. Heinrich Mattick meint, he mußd nu uck wat segge: Wat hässt de mookt? Junge, Junge - wat was de Unnerhollung in Gang. Damerkow! räp de Schaffner. Nu ward ober Tid tumm ruterkruppe, her mit dem Korf, me de Kist, met dem Sack. Heww Schwiin verköfft! so reepe se noch all as im Chaur (Chor) un ruut wiere se all.

Glöwt je dat oder nich? O' wat wiere dat noch vaär Tide! Na, un eins ist gewiß: Angina pectoris, "Kreislaufstörungen" gaff dat in unse scheene bitofsche Eck domols wull noch nich!

Ernst v. Domarus

Erschien in der Pom.Ztg. Hr.17/56

 

Übertragung in's Hochdeutsche:

Die Unterhaltung.

Nicht wahr, liebe Landsleute, viele von euch kennen gewiß die Eisenbahnstrecke zwischen Schlawe und Bütow, jener kleinen Stadt in der äußersten Ecke von unserm schönen Pommern (die Menschen sagen dort "Hiiner" zu Hühner, und eine Nachtigall (bzw. Lärche) gab es dort, die gehörte die halbe Zeit nach Rummelsburg.) Na, von dieser "rasanten" Strecke muß ich euch etwas erzählen, damit es nicht vergessen wird.

Vielleicht wißt ihr noch, wenn morgens um sechs Uhr das Bimmelbähnchen (nicht die "Laura", das war ja der Triebwagen der immer so juchte) ich meine die Dampfbahnfahrt aufwärts gen Damerkow, da mußte die Lokomotive schnaufen: Dammer-kow, Damer-kow. In Borntuchen gab sie schon so'n bißchen an: Born-tuchen, Born-tuchen. Von Barnow bis Kolziglow (platt: Kautschkelo) gab die Maschine das Letzte her: Kautsch-ke-looo, Kautsch-ke-looo. Aber dann war es geschafft, (es ging so auch auf der Hauptstrecke zu): Sellin–Gumenz-Bartin! (denkt ihr wohl noch daran, liebe Landsleute ?)

Das war unsere Bahn: Bütow-Schlawe oder auch Stolp. Dabei brauchte sie für die rd. fünfzig Kilometer gut und gern drei und eine halbe Stunde Aber davon wollte ich ja garnicht erzählen, sondern davon, daß auf dieser Strecke immer die lebhafteste Unterhaltung von den "redseligen" Bauern betrieben wurde. Und das war so: Die Bauern aus Damerkow, Borntuchen und was weiß ich woher noch, verkauften gern ihre Schweine auf dem Markt in Stolp. Morgens waren sie hingefahren, hatten das Geld für die Schweine eingestrichen und nachmittags so bei halb drei ging es nun wieder nach Hause. So saßen sie denn alle da, die Voss und Kloss, die Piochs und Matticks, die Jaffkes und Gauls in der vierten Klasse, verstauten ihre Sachen und verschnauften sich erstmal bis Zollbrück.

Vielleicht, daß Pijochens Korl, welcher der "redseligste" von allen war, dachte, man muß was für die Unterhaltung tun. Also man raus mit der Schnupftabaksdose (made in Kathkow aus dem einen Horn von der Schwarzbunten). Nun eine recht tiefe Kuhle im untersten linken Daumengelenk gemacht, eine gute Portion Kachlinski (das viertel Pfund zu fünfundzwanzig Pfennig) darauf und dann man andächtig unter die Nase gerieben. Ja, das war noch ein Genuß.

Na, man war ja gut Freund mit allen anderen und "sozial" war man auch, so ging denn die Schnupfdose im Kupee herum, das war sozusagen eine richtige "heilige Handlung". Damit war das Eis gebrochen, die Unterhaltung war in vollem Schwung. Die Tabaksdose war nun herum, man war in Kolziglow, Da fragte Korl Pijoch seinen Nachbar: Wo bist du gewesen? (Vor zwei Stunden hatten sie beide noch im Kruge in Stolp zusammen gesessen) - Der Zug rattert weiter. "Borntuchen" rief der Schaffner. Heinrich Mattick meint, er müßte nun auch was sagen; Was hast du gemacht? Junge, Junge - wie war die Unterhaltung im Gange. "Damerkow" rief der Schaffner. Nun wird es aber Zeit zum Aussteigen, her mit dem Korb, mit der Kiste, mit dem Sack. Hab‘ Schweine verkauft, so riefen sie noch alle wie im Chor und raus waren sie alle.

Glaubt ihr das oder nicht ? O‘, was waren das noch für Zeiten ! Na, und eins ist gewiß: Angina pectoris, "Kreislaufstörungen" gab es in unserer schönen Bütow‘er Ecke damals wohl noch nicht!

Ernst v. Domarus


Bereitgestellt von: Heimatkreis Bütow http://www.buetow-pommern.info

                         E-mail: arrendator@kreis-buetow.studienstelleog.de
                         © Klaus-Dieter Kreplin, Am Südhang 14, D-58313 Herdecke 2005