Volkssagen aus Stadt und Kreis Bütow in Pommern.  Gesammelt von Walter Keller. Bütow 1920.
Nachdruck: Unvergessene Heimat, Nr.6. Frankenberg 1969. - Sagen aus dem Kreise - Nr.97 S.47  


Die Hexe in Zemmen

Dem Bauer Patzwall in Zemmen blieben nacheinander eine Kuh, ein Pferd, zwei Schweine und einige Hühner tot. Er ahnte wohl, daß jemand, der mit dem Teufel im Bunde war, sein Unwesen bei ihm trieb, und daß er zu Grunde ginge, wenn er nichts dagegen unternähme. Lange forschte er vergeblich nach der Ursache. Da machte er sich schließlich auf, dem Rate eines "klugen" Mannes folgend, und fuhr nach Danzig zu einem Schwarzkünstler. Dieser erkannte ihn gleich, wußte auch schon den Grund seines Kommens, fragte aber trotzdem nach seinem Begehr. Patzwall klagte ihm nun sein Leid. Da fragte ihn der Schwarzkünstler, ob er den Übeltäter sehen wolle, dann möge er mal in jenen Spiegel blicken. Nach langem Sträuben warf der Bauer doch einen Blick hinein und sah zu seinem großen Erstaunen eine seiner Arbeiterfrauen. Der Schwarzkünstler fragte nun, wie er die Hexe bestrafen solle, ob er ihr ein Auge ausstechen oder ein Bein brechen solle? Doch der gutmütige Bauer, dem beides zu roh erschien, wollte die Bestrafung nicht zulassen. Darauf gab der Schwarzkünstler dem Bauern den Rat, der Frau nichts zu borgen; denn nur dadurch bekäme sie immer wieder Gewalt über ihn. Dankend für den guten Rat, fuhr Patzwall nach Hause. Schon am nächsten Tage nach dem Mittagessen kam die Frau und bat, ihr doch ein paar Kartoffeln zu borgen. Eingedenk des Rates des Schwarzkünstlers widerstand der Bauer ihrem Bitten und Betteln und warf sie zur Tür hinaus. Damit war ihre Macht über das Vieh ihres Brotherrn gewichen. Von Stund an mußte sie Tag und Nacht ruhelos im Dorfe umherwandern, damit alle Leute in ihr die Hexe erkannten. Damit war zugleich ihre ganze Macht, die sie als Hexe besessen hatte, gebrochen, und die Leute in Zemmen danken dem Bauer Patzwall noch heute dafür.

(Mündlich)


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